Anziehend - Von der Fibel zur Brosche

Datum: 
Sonntag, 19. Juni 2016 - 0:00 bis Sonntag, 30. Oktober 2016 - 0:00
Radnadel mit doppeltem Speichenkreuz. Bronze. 15. Jh. v. Chr.  Fundort: Maintal-Hochstadt, Töngeswald, Grabhügel. Museum für Vor- und Frühgeschichte Hanau Steinheim. Foto: Alexander Zickendraht


Eine Zusammenstellung von rund 170 Exponaten aus dem Schmuckmuseum Pforzheim, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte Hanau-Steinheim, der eigenen und privaten Sammlungen widmet sich dem ganzen Spektrum des Themas. Anhand der ausgewählten Stücke lässt sich die Entwicklung von der einfachen Nadel bis zur skulpturalen Brosche ablesen.

Was wir heute als selbstverständlich erachten, unsere Kleidungsstücke durch Knöpfe oder Reißverschlüsse zu verschließen, war über Jahrhunderte hinweg die Aufgabe von Nadel und Fibel. Die Fibel entsprach in ihrer Anwendung unserer heutigen Sicherheitsnadel und hielt die antiken Gewänder zusammen, die noch nicht vernäht waren. Erst mit der Erfindung und Etablierung des Knopfes im Hohen Mittelalter, verlor die Fibel Stück für Stück ihre Popularität. Aus der ehemals zweckorientierten Fibel entwickelte sich die auf reine Dekoration abzielende Brosche.

Während die historischen Arbeiten überwiegend aus edlen Materialien wie Silber, Gold und Edelsteinen gefertigt sind, kommen in der Nachkriegszeit verstärkt unedle Materialien wie beispielsweise Kunststoff, Holz oder Glas zum Tragen. Die Schmuckstücke werden nicht nur rein chronologisch vorgestellt, sondern in Gruppen zusammengefasst, thematisch gebündelt und über alle Zeitstufen hinweg miteinander kombiniert. Neben dem Material kann eine bestimmte Technik, ein besonderes Gestaltungsmerkmal oder der Verwendungszweck im Zentrum der Betrachtung stehen.

Christianne Weber-Stöber, Leiterin des Deutschen Goldschmiedehauses, meint hierzu: „Unser Ziel ist es, durch die Zusammenstellung der Objekte zu thematischen Gruppen, die einzelnen Stücke über ihre zeitlichen und regionalen Grenzen hinaus, miteinander in einen Dialog treten zu lassen. Diese Art der Durchmischung bietet dem Betrachter die Möglichkeit, auf eine kleine Entdeckungsreise zu gehen, Gemeinsamkeiten zu erkennen und eigene Assoziationen zu erzeugen.“

Beachtlich ist der Zeitraum der ausgestellten Stücke. Das älteste Objekt ist eine bronzene Radnadel aus dem 15. Jahrhundert v. Chr., die durch ihre ornamentale Schlichtheit besticht. Ihr damals hoher Stellenwert lässt sich an der Tatsache ablesen, dass sie Teil einer Grabbeigabe war. Die ausgestellten Fibeln reichen bis ins Frühmittelalter zurück. Stücke des Spätmittelalters und der Renaissance sind, bis auf wenige Beispiele, nur spärlich überliefert.

Die Broschen des 17. bis zum 19. Jahrhundert werden durch die ganze Üppigkeit von Material, Technik und Gestaltung dominiert. Beispielsweise die prunkvollen Brokatkleider des Barock wurden zusätzlich mit prächtigen Miederbroschen geschmückt. Besonders im Zeremoniell der Königs- und Fürstenhöfe war Schmuck eine feste Größe im Sinne der Repräsentation.

Insbesondere aus den strengen Vorschriften der Hoftrauer, die unter anderem Vorgaben für das Tragen von Schmuck machte, etablierte sich der Memorialschmuck. Dieser zog große Kreise und drang bis in die bürgerliche Gesellschaft vor. Schwarzer Schmuck erfreute sich deshalb größter Beliebtheit. Dunkle Steine wie Onyx und Jett, aber auch dunkles Email und Glas, wurden beliebte Werkstoffe. Neben dem schwarzen Schmuck entwickelte sich eine besonders intime Gedenkform  ̶  Schmuck aus dem Haar des Verstorbenen. Eine Brosche aus England, die etwa 1840 entstand, zeigt den Brauch, bei dem das Haar kunstvoll verflochten und unter Glas in das Schmuckstück eingebettet wurde.

Ein spielerischer Umgang mit Material und etablierten Techniken zeichnet sich im Schmuck der Nachkriegsjahre ab. Claus Bury gestaltet 1969 eine Brosche aus farbigem Acrylglas, die Anleihen an die Pop-Art jener Zeit aufweist. Wie gut traditioneller und neuer Schmuck nebeneinander existieren kann verdeutlicht eine Arbeit von Reinhold Bothner. Etwa zeitgleich, in den 1970er Jahren, entsteht ein Ansteckschmuck reduzierter Formensprache. Bothner greift die Jahrtausende alte Technik des Granulierens auf und interpretiert sie durch den zurückhaltenden und gezielten Einsatz neu. Eine in Gold gefasste Lapislazulischeibe ist umgeben von einem schlichten Mäanderband aus granulierten Goldkugeln.

Zu den Vertretern einer neueren Schmuckkunst, deren Broschen zu tragbaren Miniaturskulpturen herangewachsen sind, zählt Mirjam Hiller. Ihre raumgreifende Brosche aus Edelstahl setzt sich aus additiv verbundenen Einzelelementen zusammen und erhält durch dieses Zusammenspiel ein harmonisches Ganzes. Eine andere Auffassung von räumlicher Gestaltung lässt die Brosche von Bernhard A. Früh erkennen. In eine Gitterstruktur aus Gelbgold ist ein farbig gefasster Zweig montiert. Er ist derart angebracht, dass er im Raum zu schweben scheint.